Vorhang. Ein ländliches Zimmer mit einem Fenstersteher und sieben Wandbildern. Einige Herrschaften stehen verteilt auf dem Teppich.
GORKE: Guten Tag, meine Herren? Ich wollt', doch so sehr es
schien, gewischt durch ein polizeilich Aufgebot, man verwarf mir den Brösel!
FUNZSTAETTER: Das ist doch gar nichts. Meinerseits wurde mit
Käfern geblockt, aber jenseits des Schlechten wartet doch immer ein
Suppendozent.
GORKE schleicht nach vorne.
DAMIAN: Funzstaetter! So sieh er doch Gorke blähen! So
unternimm er was!
GORKE: Oh, jaja... Jaaaa? Nein! Doch mir scheint's Wollust
zu bringen.
FUNZSTAETTER blickt grübsälig auf den Boden:
Meine Herren, ich muß doch sehr wohl bitten! Flanausert ein jeder
etwa mit brachialer Bronchialtherapie? Nein? Also, was auch immer ihnen
in den Sinn getreten ist, man darf doch noch ein wohlerhabenes Sufflet
erbrechen dürfen.
BRAZINKA tritt ein: Seiderhut, so wahr er vor mir steht!
Er ist draußen!
DAMIAN: Nein! Das ist nicht der Möglichkeit Sinnerkenntnis!
BRAZINKA: Doch, doch! Ich sah ihn eintreten... Mit
erhobenem Geländerhaupt!
GORKE: Wuahah! Hui, dessen bin ich mir bewußt. Losef,
Sie sagen so wenig, sein Sie doch erhabener!
LOSEF (mit leiser Stimmgeschwulst): Nein, mein Herr!
Ich muß noch Seiderhut verklagen. Mein Angespanntnis verhulf doch
so oft den Kazzbajjah Erhufgoppt.
FUNZSTAETTER: Schweig', grausiger Hundesohn einer Mutter!
Das Schraubengezwängnis würde sich in der Grube umherdrehen.
Gorke! Schwingen Sie aus!
GORKE schwingt aus, vergräbt sich aber dabei und stürzt
in die Tonne.
DAMIAN: So geschieh's ihm recht. Er lochte sich selbst ein
ergrautes Haar...
Plötzlich springt SEIDERHUT durch die Tür.
BRAZINKA fällt vor lautem Schreck vom Baum.
FUNZSTAETTER: Seiderhut! Welch' Graus stellt sich vor uns
auf. Losef, schrieken Sie! So schrieken Sie doch, Losef!
LOSEF blickt mit weit aufgerissenen Augen vor den Mammut:
Ich kann nicht, Herr! Mein Angespanntnis verhulf doch so oft den Kazzbajjah
Erhufgoppt.
SEIDERHUT reißt den Dolch aus der Scheide und hüpft
auf DAMIAN zu.
Vorhang... Ende des ersten Geschwöpfnisses.
DAMIAN, GORKE in einem Hungerloch, schlopflich zerkleckert.
DAMIAN: Beileibe, Kriech Nich von Dannen, Gorke: friedlich
wollts nimmer werden. Sie kloffen nun schon klips Tage ohne Unterschweif,
das mag alls der Bursch im Himmel nicht verleumden.
GORKE: Ach, was nutsts zu klamüsern, unser Bruchlich
wird nicht werden, wie Du´s auch zu trähn gedenkst.
DAMIAN: Denk nur- wär der Seiderhut nur breichströhliger
gewesen, wir hätten ihn allemal können (einschlurfen). Du bist
schuld.
GORKE: Ach ja? Und Deine Terrine? Gib mir noch einen Schluck!
DAMIEN: Oui, le pouveur était joli, mais veullent Cognac
KG, crillivée et bramabasée.
GORGE: Pense sur ma valline de fraternizer votre coup.
DAMIAN: Kugelrund hat er´s geschwatzelt [lacht verschmitzt]
und dann [hält sich den Bauch; GORKE erschrickt]
Blasbalk gleich übertrützig rumlackiert.
GORKE: Sag im Ernst: Trieb Bollust Dich zum Finselkeim? Lurft
Salbraschnickel dies Walnußfeme über und über und kübelverstreunert?
DAMIAN (hält sich die Nase): Ich hör den
Zickwalter. Die Bläschenkarantine kommt zum Schluß.
LOSEF anrennend ruft von oben: Freunde, hab ich gefunden,
Wurzelflackern gerinnt im Freien. Werfen sie mir ihr und euer euch all
die Weil das eurige mein michig Haar herauf bergauf aufwärts!
Die beiden Gefangenen im gestellten Schlaf: rrrrrrrrrchchrrrrrrrrchchtsstsstssrrrrrrchrrrrrch
LOSEF kneift sich die Zunge. Dann macht er Kehricht mit
Brosamen.
DAMIAN (flüsternd zu GORKE): Die
Klafurpen drängen ins Land, kann man riechen - rück nur zehn
Minuiten und jene zerbrausen im Gartenweit.
LOSEF schmeißt sein Leben hin, GORKE
springt auf (schreiend): Wos hams eich gäbn, die Klickerhoffer?
LOSEF krötzt und sammelt sich seitwärts:
Ausgezogen häßlich!
GORKE (wieder Freimaurer): Bin Erlös zu guten
Kinderzecken. Friert gelegentlich Rumpel, so rufts mein Laschen nur herbei,
die Hebelarbeit will schlüpfrig von der Hand fließen.
Die drei erbarmen sich herzlich. LOSEF knabbert
halblaut.
DAMIAN: Kieck man einer: der Funzstaetter.
Sie fahren an einer Scheuche vorbei, DAMIAN reibt
sich die Augen: Oh, ein Mißversticken - unsereins zu häufig
stigmatisiert die Woche.
Nun kommt tatsächlich FUNZSTAETTER hergelaufen
vom Bergrücken: Den Seiderhut hat man aufgenommen. Der giert jetzt
nach sonstigem Rat. Schließlich kommts einem vor wie hunderttausend.
Ratet ihr, wie!
DIE DREI: Aufmüpfig!
FUNZSTAETTER: Aufrichtig!
GORKE: Dann soll der Teufel schlapern, wir ziehn gen kratikulierend
den Brazinka beerdigen, und komm uns der Seiderhut nicht vor zu (knödeln)!
Exeunt.
DAMIAN, GORKE und LOSEF sitzen vermummt im Zugabteil. Bis auf das monotone Rattern der Ratten ist nichts zu hören.
GORKE: Das ist ja nicht zum Aushalten. Schon sieben Tage, und
die Ratten sind immer noch nicht müde. Irgendwann müssen sie
doch gefüttert werden.
LOSEF: Sie haben Probleme, Gorke. Ts, ts, wir sind hier am
Exilieren und Sie machen sich Sorgen um die Ratten.
DAMIAN: Wahrhaftig! Meinerseits empfinde ich diese neumodischen
Rattentransporter sowieso für verwerflich. Man sollte heißes
Tannenschlammöl auf die Schienen kippen. Da würden sie schon
se...
LOSEF, mit zischender Stimme: Still! Ich denke ein
Geräusch vernommen zu haben. Gorke, glauben Sie der Schaffner hat
uns entdeckt?
GORKE verzieht das Gesicht: Brabbelei! Sie glauben
wohl kaum an Funzstaetter, wie? Ich versichere Ihnen, er hat gute Arbeit
geleistet.
Gedämpftes Klopfen an der Tür des Abteils. Zweimal lauter,
dann sechsundzwanzigmal leiser.
GORKE: Ich zählte siebenundzwanzig Klopfer! Da stimmt
was nicht! Losef, holen Sie den Schrieker aus Ihrer Tasche!
DAMIAN: Ich bin mir sicher, daß es sechsundzwanzig
Klopfer waren!
LOSEF: Ich auch. Gorke, sie sollten zum Ohrenarzt gehen. Vielleicht
hat Ihnen die letzte Ohrentsaftung zuviel abverlangt?
GORKE: Unsinn! Bereit, Losef?
LOSEF nickt nur kurz. GORKE schreitet zur
Tür und entriegelt sie. Schnell springt eine vierte vermummte Gestalt
in den Raum.
DAMIAN: Funzstaetter! Wir haben schon nicht mehr mit Ihnen
gerechnet!
FUNZSTAETTER: Meine Herren, genug des Tratschens! Weshalb
haben sie so lange gebraucht, die Tür zu öffnen?
GORKE, verteidigend: Wir waren uns nicht ganz sicher...
FUNZSTAETTER: Sind sie sich sicher?
Pause. LOSEF legt den Schrieker beiseite. GORKE
schließt die Tür und verriegelt sie wieder.
FUNZSTAETTER: Nun gut, meine Herren. Der Schaffner ist übrigens
im Anmarsch. Ich konnte ihm nur mit Mühe und Not durch das Ratten-Reservoir
entkommen.
Entsetzen in den Gesichtern der anderen.
FUNZSTAETTER: Elendige Mistviecher! Zwei konnte ich kastrieren!
GORKE: Welch heldenhafte Tat!
DAMIAN: Losef, ziehen Sie bitte Ihre Schuhe wieder an. Die
Luft wird knapp!
LOSEF will sich gerade zu den Schuhen bücken, als
es an der Türe klopft.
STIMME: Aufmachen! Sofort aufmachen! Ich möchte bitte
ihre Fahrausweise sehen.
Entsetzen in den Gesichtern der Vermummten.
FUNZSTAETTER flüsternd: Was nun? Losef, halten
Sie den Schrieker bereit!
LOSEF entrüstet: Moment, ich habe nicht drei Hände!
Zuerst muß ich mir die Schnürsenkel pressen.
DAMIAN: Ich werde den Schrieker bedienen!
GORKE: Nein, Damian! Sie wissen doch, was letztes Mal passierte!
DAMIAN: Ja. Nun machen Sie schneller, Losef.
STIMME: Ausmachen! Sofort ausmachen!
Verwirrte Blicke, FUNZSTAETTER: Hat er 'ausmachen'
gesagt?
Zustimmendes Nicken bei den anderen.
STIMME: Hören sie auf zu nicken! Sofort!
GORKE: Wahrhaftig, hier geht es nicht mit rechten Dingen zu!
Losef, bereit?
LOSEF nickt kurz.
GORKE: Meine Herren, wir sehen uns hoffentlich im Exil wieder!
Viel Glück!
GORKE entriegelt die Tür und reißt sie auf.
LOSEF betätigt den Schrieker.
Ungeheuerlicher Lärm, Schreie, Durcheinander, apokalyptische
Verhältnisse, Vorhang...
Lauter Nachmittag in der Kneipe, SEIDERHUT kommt hereingehumpelt.
SEIDERHUT: Das wird alldieweil noch halten wollen. Wirt, gebt
mir Schwips!
Der Wirt zückt ein Zusammen, darauf SEIDERHUT:
Klump Dir nicht so die Fingerchen. Das bricht nur durch und wenns erst
mal ausgetrocknet, dann flieht so schweifig nicht auch der Geräumiologe.
WIRT: Alter Freund, pflanz dich gemach, verblebber Dein Darwinklucks
schon früh.
SEIDERHUT, erzürnt: Nimm dies zu meinem Andenken!
Überreicht ihm ein selbstgeschnitztes Souvenir. Plötzlich
schlingert die Decke, der Kandelaber schwittert , sämtliche Gäste
ziehen sich die Masken vom Gesicht und stecken eine Zigarre an, Lärm
von tosenden Werftarbeitern dringt durch die Lattenritzen, der Tresen rostet.
SEIDERHUT schreit entsetzt: Sie haben den Schrieker
benutzt, obwohl, obwohl!
Ihm versagt die Stimme, seine Knie sacken ein (was einzusacken ist),
die Jacke fällt ihm vom Fleisch, er röchelt: Lupenreines
Geflieder. Brachgesetztes Steigöl. Oh, diese Wallfahrtspräsidenten,
selbsternannte Kuckuckstrinker, plattgeseifte Purzelpfeifer. Daß
nur mir solches auskatapultiert, wie unerschöpflich.
GORKE, LOSEF, DAMIAN schreiten
in den vergrämten Raum, FUNZSTAETTER liegt blutend
am Boden, reckt die Hand nach SEIDERHUT, flüstert:
Ach Lampenfieber, ´s läßt mich nimmer ziehn, ohn´
Gebrauch. Vergiß Dein Pausenflöß nicht.
DAMIAN: Ausgeschweppt dieses alles Weierkränkeln.
GORKE: Wohl, wohl!
LOSEF: Gewiß, auch mittendrin durch und durch, wo man
das Gelt versteckte.
GORKE (aufbrausend): Das soll mir mal einer vertellen,
dies Lurchgeschuppe, dies blinkige. Tragen wir die Sorgen und benageln
damit die Verentwertung; faßt mit an!
LOSEF und DAMIAN schleppen den Wirt in
die Besenkammer, SEIDERHUT: Nun woll´n mal seh´n,
wer von EUnuCHen weiß denn, wieseln mit Erdbeeren dies Jahr steht?
Da fällt mir ein Brätsel ein: In einer Kuh sagt der Pater zu
seiner Vermeinde: "Nehm euch ein Stück Kuchen, viele sind unter euch,
die eheversprechen. Nun ist mir von sicherer Kelle verlautbart worden,
das Austreibnis eurer Schlangendienste und da mir Verbot von Kugelstrickenwesten,
sarge ich euch: wieviele auch immer Breilichtgetanze vollführeten
im Schein des Lusters, denen sollen ihr Partnergeschwöpfnis vor die
Türangel schwingen." Nach drei Wochen sausen die Ohren und überall
raucht das Becken. Wieviele Klokieker (this is quite a great one) brüsseln
ihr Schwams?
GORKE geschwind: Fünf viertel davon!
DAMIAN: Und auch sieben Raben!
LOSEF: Das Kabel hält nicht mehr lange!
SEIDERHUT: Alles richtig, Kumpanen, hier, nehmt von meinem
Schwips!
Die anderen freuen sich, tanzen im Kreis und jauchzen. Da zerfleddert
das Kabel und Dunkelheit umschließt die Bühne, Vorhang fällt,
Applaus aus dem Off. Ende des vierten Geschwöpfnisses und ersten Friekeks.
Ein idyllisches Bildnis karibischen Charakters, Palmen hintergründig, zur linken Seite weilt SEIDERHUT in einer Hängematte und studiert intensiv den Schrieker. Zur rechten eine Strohhütte mit Holzgattertür, bewacht von zwei eingeh-bohrisch ausschauenden Gestalten, die Gesichter mit Farbkleckern gescheckt, bis auf den Wusel-Lenden-Filet-Schurz nackt. Beide halten jeweils zwei krumme Speere in ihren linke Händen und blicken grimmig ins Leere.
Kratzende Stimme aus der Hütte: He, ihr dottergluckernden
Brasseltaschen. Ich durste nach etwas Flüssigkeit, um meine trockenen
Stimmgewänder zu vernetzen.
LOSEF erscheint als Schatten hinter dem holzigen Gitter:
Hören sie schlecht? Ich würde gerne etwas trinken wollen!
LINKER WÄCHTER: Schweig', elendiger Franzen! Wir haben
unsere Befugnisse, und diese verbieten uns ein solches Handeln und Pelzwachteln.
Sieh' nur zu!
LOSEF: Ich kote auf ihre Zusichten! Mir durstet's, und zwar
gewaltig.
RECHTER WÄCHTER: Mir scheint's, Ihr vergaßt das
Wort unseres Herrn.
LOSEF, abwinkend: Ja, ja! Auf Seiderhut kacke ich ebenfalls,
Falz...
Beide WÄCHTER, aufbrausend: Aaaaah! Er
blasphemiert schon wieder! Es sollt' heißen 'Kazzbajjah Erhufgoppt',
sie elendiger Franzen!
SEIDERHUT, aus seinen Gedankenverästelungen aufwachend:
He, ihr dort! Gibt es ein Problem? Hat es sich geäußert bezüglich
des Schriekers? Mir schreitet langsam, aber beständig, meine Penetranzigkeit
zu Hute!
Beide WÄCHTER schmeissen sich auf die Knie
und versuchen, ihre Köpfe in des Sandes Kernelemente zu stecken:
Wir bitten um Ihre Entschuldigung, großer Kazzbajjah, wir wollten
Ihre meisterliche Konzentrinisierung keineswegs verstören!
SEIDERHUT: Schon gut, ihr Wichte.
SEIDERHUT erzwingt seine Auferstehung aus der Mattehänge
und schreitet langsam zur Hütte. Die Wächter machen ehrfurchtsvoll
platz.
SEIDERHUT, zu LOSEF: Wat is', Losef? Endlich
zur Vernunft gekommen? Ich sage Ihnen, früher oder später werde
ich den Schrieker schon ertüffteln, und dann, jaaa, dann...
LOSEF: Nie! Nein und nimmer! Nöchtiger mag's wohlgespeit!
Euer Trick mit dem Schwips war fürwahr wohlgefeit, obschon des Verzagens
allerseits. Ich möge Ihnen hiermit versichern, daß meine Kumpanen
schon folgen werden, der Spur Ihrer Hinterlassenheit.
SEIDERHUT: Ha, ich lache! Meiner genialen Spurverwischungsgastronomie
konnte noch kein Sterblicher auch nur ein Püstelchen Wind entgegenwerfen!
So bleibt's allemal!
LOSEF: Man wird sehen. Ferner durste ich dieweilen immer noch.
SEIDERHUT hält inne, ein Aufblitzen erheitert sein
Antlitz: Ich schätze, meine Pläne ändern sich. Wächter!
Holt den Paranansch-Kompott! Wollen mal sehen, ob Komplotte wirken...
WÄCHTER hasten eiligst davon.
LOSEF, unsicher: Wie meinen? Kompott kenne ich von
meiner Großmutter, machte guten Lapfe-Kompott, das muß ich
zugeben. Ach, jetzt ein lecker Schlurf desgleichen, meine Kräfte würden
wiederkehren und ich könnte diesem Elend ein Ende bereiten.
SEIDERHUT: Träumen Sie nur, mein Lieber! Bald ist's soweit!
Wolken ziehen auf, ein brausiger Wind durchzieht die Bühne.
Die Wächter kehren mit einem Gefäß zurück und überreichen
dies SEIDERHUT.
Diesen erfüllt ein dämonisch Grinsen: Nun, trinken
Sie! Und Ihrer Durstigkeit wird ein ... Ende gesetzt!
LOSEF, monologisierend: Nicht-rein oder keineswegs
nicht-rein? Dieser Gedanke erfüllt meine Sinne. Auf zweierlei Weisen:
Rein in den Magensack, oder nicht... Sollte dieses Trinkgefäß
bis oben mit Schwips ausgefüllt sein? Was wird dann mit mir geschehen?
Werde ich plappern, den Schrieker zur Ertüfftelung freigeben? Grauenvolle
Bildnisse erfüllen meinen Geist! Schrecklich, was alles passieren
würde... Der andere Gedanke impliziert den einen. Ist dies wundersame
Getränk rein, im Sinne von trinkbar, oder eher unrein, was mir bei
Seiderhut wahrscheinlicher scheint. Aber meine Durstigkeit! Sie bringt
mich noch um den Verstand... der Durst...durstig... Wüstensand weht
durch meine Gedanken. Die Sinne schwirren... kratzig... alles schwirrt
und knirscht... Nomaden tanzen im Gehirn umher... Ahhh!... Ich sehe Dünen...und...Palmen...und
Wasser...und Durst...
Zu SEIDERHUT, mit verzweifelter Stimmloge: Gebt
her, das Gesöff! Ich unterliege hiermit der Versuchung... Mögen
mir meine Kumpanen verzeihen!
Gierig umfaßt LOSEF das Gefäß und
reißt es SEIDERHUT aus der Hand.
Ein Donnergrollen, Blitze, das Gewitter entfaltet seine Furchtbarkeit.
LOSEF setzt den Becher an den Mund und neigt ihn bis zur Trinkbarkeit.
Dem verzerrten Mund SEIDERHUTS entfleucht ein grausig
artikulierter Siegesschrei. Die Wächter stecken furchtvoll
ihre Köpfe in den Sand.
Vorhang.
DAMIAN und GORKE zusammengekauert
in enger Kombüse, alles wackelt und zittert.
Der Raum ist kärglich ausgestattet, eine Petroleumlampe schwingt
von der Decke baumelnd. Vier Hängematten. FUNZSTAETTER
stürzt herein, hitzig bewegt, triefend naß in Friesennerz gehüllt.
FUNZSTAETTER: So ein gebrueghel. Schwatterkau ist verletzt.
Dem geben sie nun die Pulle. Die hat er verdient. Hart gekämpft und
mit Mut geschwollen trug er seine Muskelbälle unserm Wohle dienend
vor und schlug die Furie in banden, wälzte sich einher mit jenem schrücklich
Ungetüm der Tiefen, wand sich da- und dorthin, stieß sich die
Gurgel.
DAMIAN: Daß uns mal hier nicht ein Stein abhanden kömmt,
guter Freund. Sie lebt doch noch?
FUNZSTAETTER: Die Taube fliegt in solchem Sturme nicht, doch
stürzt sie allzu leicht. Die brodelt zwischen den Fischen, wir werden
seh´n.
GORKE: Du vergißt Dich. Denk an Losef. Erinnerst Du
Dich der Abmachung nicht?
DAMIAN: Vorsicht!!
GORKE weicht geschickt dem petroleumzehrenden Feuerball
aus, von FUNZSTAETTER geschleudert, schreit: Verrat,
Verräter, sinds nicht üble Dünste, die dich umnebeln, des
Schriekers Gase, oder blähen sich aus Deinem eignen Verstande putride
Blasen auf, von des Widersachers Zwiebelwort?
DAMIAN, der sich sich selbst überwindend geistesgegenwärtig
auf FUNZSTAETTER geworfen hatte und ihn niederdrückt,
ruft gequält: Find´t die Ruhe wieder, beide, brauchts nicht
nachzutun des Heraklits Geistern, die sich mit der zweifelhaften Freundin
verhakt, die Gewalten vertoben, bis eines das flüchtge allgegenwärtge,
das andere das nicht nicht weichende Element entbehrt, und beide erschlaffend
ihre Grenzen glättend erkennen.
FUNZSTAETTER gibt sich geschlagen, GORKE
schlägt mit einer Decke die brennenden Spritzer auf dem Boden aus.
Alle legen sich schweigend in ihre Hängematten. Kapitän Schwatterkau
taumelt herein, sein Bart mit Tang durchflochten, die dunklen Augen quellen
dick aus den streifig-faltigen Hautlinien. Er fällt vornüber,
ein Messer stakt in seinem Rücken.
FUNZSTAETTER springt auf, stößt hervor:
Heut Nacht zischt die Schlange.
Auch GORKE hat sich aus der Matte fallen lassen,
richtet sich auf, sagend: An Schlaf nicht wird zu denken sein. Kapitän
Schwatterkau war uns noch zugetan, doch schlägt die Mannschaft Räuberton
an - wir werden uns bis Morgengraun, und dies Wort ist nicht zu falsch
gelegen, zudem bis man von Bug bis Achtern die Planken wie nüchtern
wird beschreiten können, eine position passable durchaus risikobeschlagen
anerrungen haben müssen. Denn seis, daß wir wie Mäuse hier
in diesem Loche harren, dann wird man nicht mit Speck und Käs, sondern
feist mit Folterknechtsmethoden uns zur Strecke bringen, zum Catwalk gleichsam,
in den Tod.
DAMIAN, der sich noch in Decke geschlungen regt, den Worten
aber zunehmend alarmiert gelauscht hat, ergänzt in zittrigem Ton:
Und das nicht alles: Unsere Furie nicht zu retten würd alle unsere
Hoffnung gen Selbstbetrug entführn; denkt nur dran, wie jener alte
Mann uns sie als einzge Chance gepriesen. Daß sie, der man im Kinderbett
die Plassparfirken nicht entfernen konnt, da sie sich strämmig hat
gewehrt, aus diesem Grund die richt´ge Führung hat, dem Schrieker
auch im Hades an die Ferse zu gelangen. Und wißt ihr nicht mehr,
daß nur unser drei Gespann auf sie den Bann legt, nicht Tag und Gegentag
die Furie in die Welt zu schmeißen?
ALLE DREI: Wir wollen geschwindt mit uns zu Rate gehn, daß
dieses prophezeite üble Ende nicht ohne Widerstand das Edle überrollt.
Sie stecken die Köpfe zusammen, murmeln mehrere Minuten aufgeregt.
Dann springen sie auf und stürmen los. Exeunt. Vorhang.
Eine Wüste mit Dünen und viel Sand. FUNZSTAETTER, GORKE und DAMIAN in Nomadentracht, sowohl auf ihren Schultern eine Bahre mit leichtem Stoffzelt tragend, als auch hinter den Schlieren man schleierhaft eine liegende Gestalt erkennen kann. Mit schleppenden Schritten sich fortbewegend, hier und da durch ein Stöhnen untermalt, schreiten die Kumpanen über den heißen Sand, die Sonne brennt unerbittlich auf die Szenerie.
FUNZSTAETTER leise und mit müdem Ton: Nein, nein,
wahrlich unterkötig, das ganze! Ich sagte bereits, Verrat und Verleumdung
in allen Winkeln dieser Welt machen sich breit unter unsereins. Wie mußten
wir nur, so hört doch, zu solch branftig Geklucker streben? War's
nicht allemal genug, die Mühen und die Schmach auf dem Schiff im Sturme
zu ertragen?
GORKE aufbrausend: Genug! Uns're Abmachung besagte,
sich Auszuschweigen über die Vergangenheit!
DAMIAN zischend: Wollt ihr beide endlich Ruhe geben?
Still! Sie wacht womöglich wieder auf, wenn ihr weiterhin solch triefig
Beschuldigungen aufkocht. Es hilft doch nichts, nur weiter treibt sich
der Keil zwischen uns're Seelen. Denkt an Losef, wir müssen ihn finden!
[resignierend] Womöglich ist es schon zu spät.
FUNZSTAETTER gequält: Hast recht mein Freund!
's nützt alles nichts, wir müssen kühlen Kopf bewahren in
der weißen Mittagsglut, die unsere Gedanken brät wie Spiegeleier
mit Speck und Zwiebeln. Damian, verzeih' mein aufbrausig Verhalten! Zusammenhalt
sollt' fürwahr nicht auseinanderbrechen, wie geschehen erst kürzlich,
ach, Losef, halte durch!
GORKE: Mit Recht, mit Recht kann ich behaupten, daß
vieles hätte anders kommen können. Doch die unbefleckte Zukunft
zieht immer den kürz'ren Strohhalm, sie muß sehen, wie sie mit
der vermaledeiten Vergangenheit zurecht kömmt.
FUNZSTAETTER erschrocken mit gehauchtem Ton: Still
nun! Sie regt sich!
Der Furie Kopf erscheint durch einen Spalt des Zeltschleiers.
ANA THE MATHA, mit unwirschem Ton: Soweit mein Auge
blickt nur Dünen! Burschen, ich muß mich geirrt haben! Schlagt
einen and'ren Weg ein!
GORKE verzweifelt: Ich dacht's mir doch. Dies ist nun
die fünfzehnte Wegesänderung am heutigen Tag.
DAMIAN übereinstimmend: Fürwahr, recht lange
halt ich's nicht mehr aus.
FUNZSTAETTER, mit flehendem Blick: Ana the Mata! Wir
sind durstig und erschöpft! Laßt uns ein wenig ausruhen!
ANA THE MATA: Nein! Wenn ihr wollt den Losef finden, dann
schweigt und geht, wie ich's euch befohlen!
DAMIAN unwirsch: So hört doch, uns durstet's,
und zwar gewaltig! Schon drei Tage irren wir wie verlorene Flöhe durch
dieses öde Eiland. Ohne Pause, unsere Müdigkeit kennt keine Grenzen,
denn Eure Entscheidungen den Weg betreffend waren alle zudem irrsinnig!
FUNZSTAETTER und GORKE tauschen entsetzte
Blicke aus.
ANA THE MATA: Was?! Du wagst es meine Führungsqualitäten
in Frage zu stellen? Laßt mich sofort hernieder!
Die drei setzen unter Stöhnen die Bahre ab.
FUNZSTAETTER verteidigend: Verzeiht! Damian ist müde
und erschöpft! Seine Sinne schwirren durch der Sonne harte Hiebe.
Laßt uns ein wenig verschnaufen! Dann nehmen wir den Weg wieder auf
und finden Losef.
ANA THE MATA: Nein, ich weig're mich, euch weiter zu führen!
Eure Undankbarkeit ist nun der Lohn für meine Anstrengungen? Ich wußt's,
ihr seid wie Frösche eines trocknen Tümpels. Erst springen sie
im Kreise umher, dann wird's ihnen übel und sie frönen wie Tulpen
im Sturme! Ich habe genug.
Plötzlich ein siedend Geräusch. Hinter der nächsten
Dünenspitze springt ein Moschustier samt Reiterin hervor.
REITERIN: Ana the Mata! Ich dacht's mir schon. Sagte ich Dir
nicht, Du mögest lieber Weine panschen in Deiner Hüttenstube?
Wie oft noch muß ich die Lande von Deinen schwarzen Ausdünstungen
bereinigen?
ANA THE MATA, beleidigt: Aaaach! Nicht sie schon wieder!
Die Beine schlackern mir, wie der Donner eines lauen Lüftchens. Ich
gehe, jetzt erst recht.
Sie dreht sich um und stolpert davon. FUNZSTAETTER,
GORKE und DAMIAN blicken verwirrt umher.
Die Reiterin steigt ab: Nun? Ihr armen, blinden Geschöpfe!
Saht ihr denn nicht, daß ihre Plassparfirken waren meisterlich gefälscht?
Allzu oft gibt's Wesen, die mit Fälschung und Betrug zu Reichtum und
Erfreulichkeit zu streben versuchen. Doch heute ist ein guter Tag! Die
Sonne scheint und just hinter dieser Düne liegt verborgen eine Oase
inmitten dieser Wüste und dort, ihr mögt es euch schon denken,
hat ich euren Losef erspäht, seinerseits ein wenig verwirrt, aber
wohlauf und lebendig! Nun geschwind, springt hinzu! Mein Moschustier ist
kräftig genug, wir reiten los! Hossa!
FUNZSTAETTER, GORKE und DAMIAN
springen mit freudig glänzenden Augen, sprachlos vor Wonne, zur Dünenspitze.
Das Moschustier bäumt sich duftend auf. Sie reiten verschwindend hinter
die Kuppe. Exeunt. Vorhang.
Eine Oase: ein weiter Palmenhain, im Hintergrund mehrere Wasserstellen, dann eine Düne vorne: ein langgezogenes Gebüsch, etwas weiter zwei herumlungernde braune Gestalten in Blattbekleidung und Knochenbehang, sie tauschen kleine Gegenstände, hinter ihnen ragt eine kleine Hütte hinter den Bäumen hervor. Vor dem Gebüsch in niedergebeugter Haltung DAMIAN, GORKE, FUNZSTAETTER und MATA THE MATA, ihre Retterin. Sie unterhalten sich im Flüsterton, von den EINGEBORENEN dringen die krächzenden Klänge eines Streites herüber.
1. EINGEB.:
Willst Du nicht die Muschel geben mir und so
die Schuld begleichen, die durch Spiel Du trägst?
2. EINGEB.:
Spinnst Du denn, erinnerst Dich wohl nicht, aufs
Klo
Du gingst und kamst mit andren Karten her ?
GORKE (lacht sich ins Fäustchen):
Wenn das so weitergeht dann kommt demnächst
Prügeltracht ohne Gewissen dazu.
1. EINGEB.:
Sei bloß still, sonst ramm ich Dir mit Wucht
den Speer
ins Auge, nimm Reißaus solange Du noch
kannst. Wenn ich Dich in die Mangel nehm, der Clou
ist Dein Familiengrab.
2. EINGEB. ist vor Schreck erstarrt.
MATA THE MATA:
Ich seh das Loch
für ihn schon ausgehoben, hab ichs nicht
gesagt, die werden selber mit sich fertig !
DAMIAN:
Solcherart trickreich das Kartenspiel denen
1. EINGEB.:
Ich schlag bis jeder Knochen Dir bricht !
DAMIAN:
zugesteckt zu haben, allgegenwärtig
wirkt der Magiespruch, nach Streit sich zu sehnen
!
Der erste Eingeb. schlägt den zweiten mit viel Trara nieder.
Dieser liegt am Boden, jener tanzt jaulend um ihn herum, singt:
Ach wie gut, daß niemand weiß, daß
ich mit Trug
den Kerl betrogen habe, nun gehört
all sein Habe mir, die Frau, das Gold, der Teich.
FUNZSTAETTER:
Laßt uns jetzt stürmen, den Plan nenn
ich klug
Kein besserer Augenblick, durchaus verstört
ist der Feind, wird uns in Zukunft erwarten !
MATA THE MATA:
Warte, wir dürfen bei Seiderhuts reich-
lich früh prophezeiter Ankunft erst starten
!
FUNZSTAETTER ist schon losgerannt und hat sich auf den
völlig außer Rand und Band geratenen Gegner gestürzt und
überwältigt. Die beiden Gefährten laufen hinter ihm her,
MATA THE MATA bleibt im Versteck. Die drei beraten sich.
FUNZSTAETTER:
Laßt uns den Seiderhut ausfindig machen
ihn schlagen und würgen und all seine bis-
her protokollierten Verbrechen aus ihm
GORKE:
rauspressen, dann wird er all seine Sachen
an Arme verschenken, selbst die mit Riß.
DAMIAN:
Selbst wenn der Losef auch jenseits des Lim-
es samt Schrieker verpulverisiert wurde
will ich Seiderhut dann erst verfolgen, wenn
Losefs Geschick uns erfahrbar gemacht.
SEIDERHUT tritt aus der Hütte hervor, einen Strohhut
auf dem Haupt, lockere Leinentücher bis zur Kniehöhe leicht um
den breiten Körper geschwungen, eine qualmende Pfeife in der Rechten.
Er spricht im Plauderton:
Freunde, so sieht man sich wieder, doch kommt ihr
umsonst: nicht umsonst, nicht, fürwahr, für
mich,
Seh ich euch erst von Kamelen den Sand schier
entlanggeschleift, freut sich mein Herz, den Strich
schlichtweg entlanggestreift bäumt sich der
Spaß
zu ungeahnten Exaltationen.
Doch schweif ich jetzt fürderhin ab, ich vergaß
zu erwähnen, daß Losef den Schrieker
schon
der Gegenwehr bar für Imitationen
verraten hat. Seht, das ergibt meinen Lohn
für all die Bemühungen.
FUNZSTAETTER:
So kommst du dies-
mal nicht davon. Schnappt ihn euch, klopft ihn entzwei!
Er stürzt nach vorne, GORKE:
Soweit mußte es kommen, gewiß, und schließ-
lich hat er's verdient. Was sollen wir drei
uns noch schonen bei diesen Verbrechen ?
DAMIAN bleibt zurück, da er die Szene sich wandeln
sieht, denn kurz bevor FUNZSTAETTER den Erzfeind erreicht,
taucht LOSEF aus dem Hintergrund auf, den Schrieker in
der Hand, auf die drei Helden gerichtet. DAMIAN wendet
sich um zur Flucht, doch steht hinter ihm MATA THE MATA,
einen zweiten Schrieker auf ihn richtend.
Sie spricht:
Ihr entkommt nicht, alle Wege sind versperrt.
DAMIAN:
Sonn uns die Furie doch nicht so schlecht ?
GORKE:
Jetzt hat sich die ganze Geschichte verzerrt.
Losef, du Lieber, dem Schurk´ zu versprechen
Ehre und Freunde, dein ganzes Gedächt-
nis.
LOSEF, forsch:
Komm mir
nicht damit, Du hast Dich geirrt.
Sieh nur das Ganze aus anderer Sicht:
Die ganze Historie hat uns verwirrt.
Seiderhut, Meister des Schrieker, er richt-
et Zerstörtes zurecht. [appellierend]
So schließt euch uns an !
FUNZSTAETTER:
Komm zur Vernunft und glaube ihm nicht, bann
seinen Zauber, den faulen und denk nur,
was alles passieren wird, wenn wir ihm
den Schrieker belassen.
MATA THE MATA, laut:
Ruhe, Bub´, spur !
SEIDERHUT:
Woll´n wir sie erst in die Käfige sperren,
und jeder vereinzelt, sie mögens intim,
Dann können sie solo gern weinen und plärren!
Führt sie ab !!
Die drei werden zusammengepfercht und fortgetrieben. Exeunt.
Nur noch SEIDERHUT:
Das soll mir mal einer nachgemacht haben !
Exit. Vorhang. Ende des dritten Geschwöpfnisses des zweiten
Friekeks.
Zentrum der Oase, mittig eine etwa vier- bis fünf-metrige
Wasserstelle, hintergründig hohe Palmen mit dichtem Dickicht. An einem
großen Palmenausläufer hängen FUNZSTAETTER
,
GORKE
und DAMIAN
in separaten Bambuskäfigen
über dem Wasser, etwa mit zwei Metern Abstand zur molchig wirkenden Oberfläche.
Am linken Rand steht SEIDERHUT
knietief mit Gompelstiefeln
im Wasser, in eine Diskussion mit MATA THE MATA
vertieft.
LOSEF
bastelt rechts der Wasserstelle am Schrieker herum,
ständig leise vor sich herflüsternd. In unregelmäßigen
Abständen reckt er den Hals in die Höhe und faspelt mit den Augäpfeln.
Das Wasser ist sichtlich trübe.
SEIDERHUT
zu MATA THE MATA
:
Nun steh' ich hier schon genügend Weilen umher, doch Eurer Beobachtung
kann ich sichtlich schwerlich Glauben schenken. Ihr seid Euch Eurer gewiß?
MATA THE MATA
: Wahrlich! Fragt die Hängenden!
Sie sahen's ebenso. [zu den Dreien rufend] He, dort droben! Spuckt's
nochmal aus, ihr saht es ebenwohl!
FUNZSTAETTER
, mit bezeugendem Ton:
Sicher! Vor gar nicht alllzu langer Zeit. 's hat mal wieder geblubbert, sicher!
GORKE
einmischend: Das Wasser brodelte
nahezu. Wir waren wohl hier oben. Konnten's doch schwerlich übersehen,
oder?
DAMIAN
: Jawohl! Seid nicht so widerspenstig,
Seiderhut. Der Schrecken sitzt uns noch tief in den Knochen. [zu GORKE
flüsternd] Fraglich, ob er's endlich glaubt.
GORKE
erwidert leise: Hast recht!
Die Frage, was er mit uns vorhat, klamüsert nun häufiger in mir. Vielleicht
spielt er wieder Spielchen mit unsereins. Elender!
SEIDERHUT
, nachdenklich murmelnd:
Nun gut! Ein einzigartig Phänomen. Das Wasser sprudelt und wird trübe...
Hmmm, ich wund're mich, ob's an den Kokosbüffeln liegt. Diese suhlten sich
letzlich häufiger im Wasser. Nein, 's kann nicht sein. Sie haben keine
Folzgurchen. Dies ist ein trefflich Argument!
FUNZSTAETTER
: So laßt uns endlich hernieder!
Wer weiß, was dort unten haust. 's wird bald dunkel und so ungeheuerlich
buntes Treiben durch die Nacht ist nun klarlich keine gute Sache. Der Sinn und
Zweck dies Hängens ist kaum wecklich genug. Wir sprachen schon, und bleiben
allemal beim Alten! Uns kriegt ihr nicht so leicht zum Pläppern!
GORKE
und DAMIAN
nicken
zustimmend.
MATA THE MATA
: Schweigt! Wir klopfen euch
schon weich! Wenn nicht heut', dann zum pompösen Trachtentag.
SEIDERHUT
: Sicher, doch vorerst muß
ich diesem Ereignis auf die Schläuche treten. Mich fitzelt's in den Fingerkuppen,
der Magen schnatzelt vor Neugier. Ich passe den Verschluß, mich nicht
zu rühren von diesem Flecke, bis dies Wabern wieder emporkömmt.
DAMIAN
laut: Dem stimmen wir zu! Doch
vorerst laßt uns endlich herunter, man glaubt es kaum, 's schwindelt schwarze
Schuppenschanzen schier zum schlurfen Schabernack. Jawohl!
SEIDERHUT
: Kein jawohl zum heut'gen Tag.
Ihr bleibt dort drüben, bis euch die Füße klappern. Wenn ihr
schon euch weigert, Kompott zu konsumieren, will ich wenigst Enzian gezüchtet
haben, vor des euer grublich Feingemecker. Mich flappst vielmehr dies Blubbern...
DAMIAN
, wieder zu GORKE
flüsternd: Wenn doch wenigstens Losef zu sich kommen würde!
Dem Armen wurde sichtlich zugetan. Verwirrt und geislich gefangen unter des
Bannes Wirkung. Ich wollt' ich könnt' ihm helfen.
GORKE
leise: 's ist nicht so sicher,
Freund! Vielleicht hat's ihn nicht wirklich so erwischt, nein, im Gegenteil,
er find't womöglich gefallen in seiner Rolle. Erinn're Dich der ersten
Szene Worte, die aus seinem Munde quollen, wie Tinte auf des Richters Teppich.
Wahrlich, dies ganze ist in meinen Augen nun unheimlicher geworden, als sich
mancher glaubhaft macht.
FUNZSTAETTER
: Freunde! Meine Sinne spüren
einen Umschwung! Es wurd' geschwongen, hier und dort, durch vieles sind wir
schon gestapft. Das Schicksal hat uns auf dem Klicker. Oftmals grausige Erlebnisse
brachten uns an den Rand des Wahnsinns, zum Schluß doch immer noch mit
Haut und Haaren entfleuchen konnten wir, dies kann so schlecht nicht sein, 's
muß ein jolzisch Raffkern hinter dieser Sache stecken, dies spür'
ich in der Ferse.
DAMIAN
: Und noch dazu, das ganze hat 'nen
bitt'ren Nachgeschmack, der die Zunge letztlich zum Flackern bringt. Meine ist
schon wund!
GORKE
, aufhorchend: Hört! Da
kommt es wieder!
SEIDERHUT
erschrickt. MATA THE
MATA
zückt den Schrieker. Auch LOSEF
springt,
einer Raubkatze gleichend, in die Hocke. Das Wasser kommt in Wallung. Erst langsam,
hier und dort ein Bläschen, dann heftiger. Ein rauschendes Blubbern macht
sich breit.
SEIDERHUT
, zu beiden Seiten: Fürwahr!
Was soll dies Gluckern bloß bedeuten? Haltet die Schrieker bereit! Seid
auf der Hut!
FUNZSTAETTER,
alarmiert: Es ist viel
stärker als das letze Mal! Herr, so lasset uns nieder. Dies Omen ist sicher
ein Schlechtes!
Das Wasser tost nun wie ein Wasserfall. Trübe
Schlammspritzer fliegen durch die Luft. Brodelnde Klänge siechen durch
die Oase. Plötzlich in der Mitte eine Glaskuppe, die langsam aus dem Wasser
steigt. Die Bodenständigen sowie die Hängenden sind starr vor Schreck.
Hinter dem Glas ist eine Gestalt zu erkennen, der Schlamm verkleckert die Sicht.
Die Kuppe entpuppt sich als kugelförmiges Gefährt, welches zischend
und geifernd letztendlich auf der welligen Wasseroberfläche zum Stehen
gelangt. Die Geräusche verstummen, das Wasser beruhigt sich.
ALLE
zusammen, bleich vor Schreck:
Heilige Zelchosen! Ein Monstrum!!
Mit einem leisen *ssssssstsk* öffnet sich die
Kuppel. Kein Laut durchdringt die Oase. Nur das Tropfen des Schlammes glupscht
voran.
DR. BRAZINKA
, einen Schrieker aufrichtend:
Das sich mir keiner bewegt! Trefflich, trefflich! Hab' ich euch endlich, ihr
Walserschurken!
GORKE
: Brazinka! Sie leben?
DR. BRAZINKA
, betonend: Doktor Brazinka,
bitte sehr! [hinzufügend] Zwischenzeitlich hab' ich heimlich promoviert!
Und... ich rate ihnen nochmals, sich nicht zu rühren von diesem Fleck.
Ich muß sie darauf hinweisen, daß sich in meinen Händen befindet
ein improvierter Schrieker -römisch zwei-, welchen ich zu diesen Zwecken
übrigens hab' patentieren lassen. Sei's drum, niemand bewegt sich!
Alle sind erstarrt, DR. BRAZINKA
trieft
sichtlich vor Wonne, triumphierend hebt er seine Augenbrauen hin und wieder.
Nach einiger Zeit meldet sich FUNZSTAETTER
zu Wort: Und was jetzt?
DR. BRAZINKA
, zusammenzuckend: Wie?
Ach so! Nun...
Pause... Alle ziehen angespannt die Köpfe ein,
als erwarten sie ein wuchtig Donnerwetter.
SEIDERHUT
räuspert sich nach einiger
Zeit, vorsichtig: Was nun?
DR. BRAZINKA
, erschrocken: Wie bitte?
Ach ja! [scheint sich endlich zu entsinnen] Folgen sie mir!
Er richtet den improvierten Schrieker II auf den Boden.
Einige Knöpfe betätigend, schwingt ein Summen durch die Luft. Mit
einem leisen Wobbeln eröffnet sich ein schimmerndes Portal neben SEIDERHUT
.
DR. BRAZINKA
: Nach ihnen, meine Herren...
und der Dame natürlich auch. Hurtig jetzt! Ich habe Hunger!
Hastig werden FUNZSTAETTER
, GORKE
und DAMIAN
niedergelassen. Sie betreten das Portal nacheinander
mit unsicheren Schritten.
GORKE
: Da täten dem Teufel die Hosen
doch schlackern... [entschwindet]
DAMIAN
: Zurecht gepirscht! [entschwindet]
FUNZSTAETTER
: Durchaus glimpflich! [entschwindet]
MATA THE MATA
: Der Falter pflügt mit
Furchen... [entschwindet]
LOSEF
: Zum Henker, es stinkt das Ei! [entschwindet]
SEIDERHUT
: Ich wollt' doch noch die Fläche
bügeln! [entschwindet]
DR. BRAZINKA
: Verzeihen Sie meinem
Bitten... Aber besuchen Sie häufig die Kunstgalerien? [entschwindet]
Ein Kokosbüffel schnauft im Hintergrund. Dann Stille. Vorhang.
Ende des vierten Geschwöpfnisses des zweiten Friekeks.
[Fortsetzung folgt nicht, ertüfftelt von El Bruce und Yonker im Jahre 17@,98 nach der alten Zeitrechnung, mit der Bitte um Einhaltung der Geschwöpfnisrechte]